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Gegen Neuen und Alten Antisemitismus – und für mehr Aufklärung

Regelmäßige Gäste unserer Veranstaltungen erinnern sich vielleicht an eine überaus spannende Diskussion zum Thema „Religiöse Wählergruppen im US-Wahlkampf“, die wir im Herbst 2020 gemeinsam mit der Konrad-Adenauer-Stiftung durchgeführt haben. Damals kam der Wunsch auf, den entstandenen Dialog zum Antisemitismus fortzusetzen – und diesem kamen wir am 19. April unter dem Titel „Transatlantic Perspectives on New and Old Antisemitism” trotz des schweren Themas gerne nach. 

Erneut begrüßen durften wir die langjährige Leiterin des Berliner Büros des American Jewish Committee, Deidre Berger, nunmehr in ihrer neuen Funktion als Vorstandsvorsitzende der Jewish Digital Cultural Recovery Project Foundation; sowie, als versierten Moderator, den WDR-Journalisten Arnd Henze. Neu hinzugekommen war Professor Dr. Alvin Rosenfeld von der Indiana University, der Deidre Bergers transatlantische um eine unmittelbare US-Perspektive ergänzte.

Eingangs betonte Rosenfeld, dass sich Jüdinnen und Juden in den USA seit einiger Zeit nicht mehr „immun“ fühlen könnten: Die leidvolle Erfahrung aus Europa und speziell Deutschland, dass jüdische Einrichtungen nicht mehr ohne Sicherheitsvorkehrungen denkbar seien, habe nun auch in den USA Einzug erhalten. Berger ergänze mit Blick auf Deutschland, dass antisemitische Tendenzen laut einer aktuellen RIAS-Umfrage hier im vergangenen Jahr um 13 % zugenommen hätten – inmitten der alles bestimmenden Pandemie! Sie analysierte, dass Antisemitismus und Rassismus nur scheinbar überkommen seien und dass ein vermeintlich selbstverständlicher, ‚blinder‘ Umgang mit der Situation sogar gefährlich sei. Es mangele, so Berger, an einer strukturellen Antisemitismus-Aufklärung im Bildungssystem und an Multiplikatoren-Schnittstellen – also z. B. in der Ausbildung von Polizist/innen, Pfarrer/innen, etc. Rosenfeld pflichtete dem bei und erinnerte daran, dass Gesundheitskrisen in der Geschichte öfters „den Juden“ angelastet worden seien (vgl. „The Jew Flu“). Er bemängelte mit Blick auf die USA, dass laut aktueller Erhebungen ein erschreckend hoher Anteil von 48 (!) % der Amerikaner/innen noch nie von Auschwitz gehört habe. Bergers und Rosenfelds gemeinsame Forderung: „EDUCATION, EDUCATION, EDUCATION!“

Abschließend ging es – auch unter reger Publikumsbeteiligung – um das, was Arnd Henze als „Elephant in the room“ bezeichnete: die immer wieder aufkommende Frage nach der Kritik an Israel, oder vielmehr die Frage, was sag- und kritisierbar ist und sein sollte. Rosenfeld und Berger stimmten überein, dass Israel-Kritik dann legitim sei, wenn sie nach denselben Maßstäben wie die Kritik an anderen Ländern erfolge. Die BDS-Bewegung („Boycott, Divestment and Sanctions“) kennzeichneten sie in diesem Zusammenhang als klar antisemitisch: Dies gelte zwar nicht für alle Anhänger, man müsse sich aber bewusst sein, dass bei den Initiator/innen und führenden Personen eine regelrechte „Obsession“ der Israel-Kritik vorherrsche.

Am Ende resümierte Arnd Henze, dass der Dialog fortgesetzt werden müsse – und deutete hierdurch bereits eine Folge-Diskussion an, an der wir uns gerne wieder beteiligen werden.

Sehen Sie die Aufzeichnung dieser Veranstaltung auf YouTube an: https://youtu.be/4ss5mwcVseI

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